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[Lesezeit: ca. 4 Min.]

Unsere Gedanken und Gefühle bestimmen unsere Körperhaltung. Das ist allseits bekannt.
Doch inwiefern lassen sich unsere Gedanken und Stimmungen durch eine Veränderung der Körperhaltung oder Mimik beeinflussen?

Die „Verkörperung“ unseres Bewusstseins – auch „Embodiment“ genannt – ist ein Forschungszweig in der Sozialpsychologie, welcher die Wechselwirkung zwischen Körper, Handlungen, Gefühlen und Denken untersucht.

Ein Teil dessen ist die Facial-Feedback-Hypothese, welche besagt, dass die Bewegung der Gesichtsmuskeln einen Einfluss auf das Erleben von Gefühlen hat. Hierzu gab es ein Experiment, welches 1988 von dem Sozialpsychologen Fritz Strack durchgeführt wurde: Dabei wurden Versuchspersonen in zwei Gruppen eingeteilt. Während die eine Gruppe sich einen Bleistift zwischen die Zähne klemmen musste, wurden die anderen Probanden dazu aufgefordert, den Bleistift mit den Lippen festzuhalten.

Bei einem echten Lächeln (sogenanntes Duchenne-Lächeln) kommt es zu einer Kontraktion von verschiedenen Muskeln, die für die Mundbewegung und für die Augen- und Wangenbewegung zuständig sind. Dies unterscheidet sich von einem simulierten, unechten Lächeln, bei welchem in der Regel die Aktivierung der Augenringmuskulatur fehlt. Hält man nun den Bleistift zwischen den Lippen, werden die für das Duchenne-Lächeln relevanten Muskeln beansprucht und stehen entsprechend nicht zur Verfügung.

Mit dem Stift zwischen Zähnen oder Lippen mussten die Versuchspersonen dann einen Cartoon ansehen und anschließend beurteilen. Das Ergebnis zeigte, dass diejenigen, die den Bleistift zwischen den Zähnen hielten, den Cartoon als signifikant witziger eingestuft hatten als die anderen Teilnehmer. Daraus schloss Strack, dass schon unbewusstes, gar ungewolltes Lächeln Menschen fröhlicher stimmt.

Wie lässt sich dieses Phänomen erklären?

Zunächst ist es notwendig zu begreifen, wie unsere Wahrnehmung funktioniert: Wir nehmen die Welt nicht objektiv wahr, sondern wir generiern Vorstellungen davon in unserem Gehirn. Und solche Vorstellungen basieren stets auf unseren körperlichen Erfahrungen. Das bedeutet, dass Assoziationen immer mit dem Körperlichen vereint sind. Hirnforscher konnten in dem Zusammenhang kürzlich auch nachweisen, dass die Areale im Gehirn, von denen aus die willkürlichen Bewegungen gesteuert werden, mit den Nebennieren verbunden sind. Dort werden Stresshormone wie Cortisol und Adrenalin gebildet. Dies erklärt der Studie zufolge auch, wieso bestimmte Bewegungsformen stressreduzierend wirken – wie etwa Tai Chi, Pilates und Yoga.

Und wie kann man nun diese Erkenntnis des Zusammenspiels von Körperhaltung und Gefühl für sich effektiv im Alltag nutzen?

Dieser Fragestellung ging die Sozialpsychologin und Harvard-Dozentin Amy Cuddy mit ihrem Team in einer Studie im Jahre 2010 nach. Mit dem Ergebnis, dass Menschen, die sog. High-Power-Posen (offene und entspannte Körperhaltungen) einnahmen, sich selbstsicherer fühlten und Herausforderungen risikobewusster angingen. Diese Erkenntnis stellte Amy Cuddy unter anderem bei einem TED Talk vor. Das Video wurde mittlerweile über 20 Mio. Mal auf Youtube aufgerufen: https://www.youtube.com/watch?v=Ks-_Mh1QhMc

Sie beschreibt darin sehr plastisch und überaus überzeugend, dass “Fake it until you make it” tatsächlich funktioniert – beziehungsweise wandelt den Spruch um in “Fake it until you become it”. Also nicht im Sinne von “eine Maske aufsetzen”, sondern im Sinne von: Dich und das, was du Wertvolles zu vermitteln hast, zu verinnerlichen und authentisch rüberzubringen.

Cuddy behauptet auch, dass durch die High-Power-Posen der Hormonspiegel von Testosteron erhöht und der vom Stresshormon Cortisol gesenkt würde. Diese Erkenntnis klingt zwar schlüssig, konnte aber in keiner Folgestudie von anderen Instituten bestätigt werden. Dafür mussten Cuddy und ihre Kollegen viel Kritik einstecken. Auch die Anzahl der Probanden (es waren nur 42) sei für eine wissenschaftliche Aussage zu klein gewesen, so die Kritiker.

Auch wenn die Studie und ihre Durchführung kritisch gesehen werden, was die Aussagen zu den Hormonveränderungen anbelangt, unbestritten ist jedoch, dass Power Posing zu dem wahrgenommenen Gefühl führt, sich besser und selbstsicherer zu fühlen. Allein die Körperhaltung erzeugt etwas Stärkendes in uns, was auch das Gegenüber spürt.

Doch wie gelingt nun die Umsetzung dieser Erkenntnisse in den Alltag?

Bevor Sie in die Situation gehen, für die Sie bewusst Ihr Selbstbewusstsein aufbauen möchten, nehmen Sie sich kurz Zeit und suchen sich einen ungestörten Ort. Dort stellen Sie sich in eine Körperhaltungen, die Stolz, Selbstbewusstsein und Größe ausdrücken.

Als Übungen, um das Power Posing einzustudieren und in den Alltag zu übernehmen, bieten sich bspw. folgende Haltungen an:

  • SuperheldIn: Nehmen Sie eine Kampfpose ein, indem Sie leicht breitbeinig stehen, Ihre Hände zu Fäusten ballen und sie in die Hüften stemmen. Dabei heben Sie leicht das Kinn, schieben die Brust raus und ziehen die Schultern nach hinten. In einer Abwandlung strecken Sie Ihre Hände weit in die Luft – als wären Sie ein Rockstar, der eine Zugabe haben möchte.
  • Baum: Nehmen Sie eine aufrechte Körperhaltung ein, stellen sich schulterbreit hin und lassen die Arme hängen. Spüren Sie die Spannung im ganzen Körper. Schieben Sie die Brust vor. Konzentrieren Sie sich jetzt bewusst auf Ihren Atem und versuchen gleichmäßig tief ein- und auszuatmen. Stellen Sie sich dabei vor, wie Sie Wurzeln schlagen.
  • Obama: Präsentieren Sie eine großartige Idee wie Barack Obama. Der ehemalige US-Präsident saß gern in seinem Stuhl, lehnte sich zurück, legte die Arme in den Nacken und seine Füße auf den Tisch. Wenn Sie sich mit den Füßen auf dem Tisch nicht sonderlich wohl fühlen (oder es die Situation nicht erlaubt), können Sie die Haltung auch leicht abändern, indem Sie die Beine etwas breiter fest auf den Boden stellen oder einen Knöchel auf den anderen Oberschenkel legen. Atmen Sie dabei tief ein und aus und visualisieren sie, wie Sie alles unter Kontrolle haben.
  • Sprinter: Lehnen Sie sich stehend mit beiden Händen auf den Tisch und bringen die Füße in Schrittposition. Ziehen Sie die Schultern runter, schieben Sie dafür das Kinn nach oben. Stellen Sie sich vor, Sie sind in der Startposition für einen Sprint – und nichts kann Sie stoppen.

Zugegeben, solche Posen können Sie nicht immer einfach überall machen. Das könnte womöglich auch Ihre Kollegen oder Ihr Umfeld irritieren. Wenn Sie allerdings zwischendurch üben möchten, ohne gleich alle Blicke auf sich zu ziehen, machen Sie Folgendes: Setzen Sie sich gerade hin. Ihre Beine sind leicht versetzt, als würden Sie in den Startlöchern für einen Lauf stehen, die Fußsohlen sind aber ganz aufgesetzt. Schieben Sie das Kinn leicht nach oben und ziehen die Schultern nach unten. Die Hände liegen locker auf dem Tisch und Sie lächeln. Das kann Ihnen schnell Kraft und positive Energie geben.

Die machtvolle Körpersprache funktioniert letztendlich wie ein Ritual.  Daher ist es grundsätzlich von Vorteil, wenn Sie Ihr Auftreten zwischendurch immer wieder kontrollieren und auf die richtige Körperhaltung achten. Nonverbale Signale wie aufrecht gehen, Schultern runterziehen und das Kinn nach oben richten, helfen Ihnen, mit mehr Selbstvertrauen aufzutreten. So überzeugen Sie nicht nur Ihr Umfeld, sondern auch sich selbst von Ihnen 😉

Power Posing Übungen helfen also, selbstbewusst und ruhig in wichtige Situationen zu gehen. Experten empfehlen dennoch, alle drei Ebenen der Kommunikation, die verbale Kommunikation, die paraverbale Kommunikation (Stimme, Sprechweise) und extraverbale Kommunikation (Gestik, Mimik, Körperhaltung und Raumverhalten) zusammen zu trainieren, um den eigenen Auftritt zu optimieren und selbstsicherer zu wirken. Wenden Sie beispielsweise spezielle Atemübungen an und senken Sie Ihre Stimme. Seien Sie so, wie Sie gern wären: stark, einschüchternd – …. oder schlichtweg überzeugend!

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