[Lesezeit: ca. 15 Min.]
In diesem Beitrag erfahren Sie, wie Sie Ihre Persönlichkeit, Stärken und beruflichen Ziele so klar herausarbeiten, dass Sie in jedem Jobinterview mit authentischem Selbstbewusstsein auftreten. Sie entdecken, wie gezielte Vorbereitung, innere Klarheit und ein gutes Verständnis Ihrer Werte den entscheidenden Unterschied machen können. Außerdem habe ich zu einzelnen Themen, die mit einem Sternchen (*) markiert sind, vertiefende Informationen und hilfreiche digitale Tools zusammengestellt, die Sie auf Anfrage gerne von mir erhalten können.
1. Bewusstwerden der eigenen Persönlichkeit („Wer bin ich?“)
Bevor Sie in ein Vorstellungsgespräch gehen, sollten Sie sich zunächst Ihrer eigenen Persönlichkeit bewusst werden. Im Bewerbungsgespräch zählen nicht nur fachliche Kompetenzen, sondern vor allem Sie als Mensch: Ihre Stärken, Ihre Werte und Ihre Motive.
Nutzen Sie dazu Modelle wie das Johari-Fenster*. Entwickelt wurde das Modell von den beiden amerikanischen Sozialpsychologen Joseph Luft und Harry Ingham bereits in den 1950er Jahren. Die beiden Vornamen der Wissenschaftler dienten dabei als Namensgeber – aus Joseph und Harry wurde das Johari Fenster (manchmal auch als Johari Gitter bezeichnet). Es veranschaulicht, wo Selbst- und Fremdwahrnehmung übereinstimmen oder auseinandergehen. Bitten Sie vertraute Kollegen oder Freunde um ehrliches Feedback: Was sind Ihre „blinden Flecken“? So erfahren Sie, wie Sie auf andere wirken.
Auch ein professionelles Werkzeug wie der LINC Personality Profiler (LPP*) kann in Ihrer Vorbereitung von großem Nutzen sein. Der Online-Test basiert auf dem Modell der Big Five* und liefert ein differenziertes Profil Ihrer Persönlichkeit – mitsamt Charaktereigenschaften, Motiven und Kompetenzen. Als zertifizierter LPP-Coach begleite ich Sie gerne dabei, Ihre Testergebnisse zu interpretieren und individuelle Stärken sowie Entwicklungspotenziale zu erkennen. So erhalten Sie ein noch klareres Bild Ihrer Persönlichkeit und können Ihre Selbstwahrnehmung gezielt für den Bewerbungsprozess nutzen.
Gerne ergänze ich im Coaching den LPP mit einem Fragebogen zur Identifizierung Ihrer Inneren Antreiber* (basierend auf der Transaktionsanalyse, begründet von Eric Berne und Thomas A. Harris), um herauszufinden, welche unbewussten Antriebskräfte, die Sie in jungen Jahren von Ihren Eltern oder engen Angehörigen übernommen haben, heute noch in Ihnen wirken und wie Sie diese reduzieren oder gar eliminieren können, falls Sie aktuell hinderlich oder gar gesundheitsgefährdend für Sie sind.
Praktisch können Sie sich außerdem fragen, was Ihnen Energie gibt und was Ihnen Kraft raubt – so bekommen Sie ein Gefühl für Ihre Ressourcen und Stressoren. Beispielsweise durch die Nutzung des Kraftressourcen-Modells* (entwickelt von Jana Jeske).
Um den Prozess der Selbstreflexion anzustoßen, können Sie sich auch zunächst ein paar grundlegende Fragen stellen, wie zum Beispiel:
- Welche Person wäre ich gerne, wenn ich es mir aussuchen könnte?
 - Was würde ich (beruflich) tun, wenn nichts schiefgehen könnte?
 - Was möchte ich in meinem Leben erreichen?
 - Was bedeutet für mich überhaupt „Erfolg“?
 
Diese Reflexion eröffnet neue Perspektiven: Vielleicht entdecken Sie bislang verborgene Wünsche oder Talente. Mit einem klareren Bild Ihrer Persönlichkeit treten Sie selbstbewusster und authentischer auf – ein entscheidender Vorteil im Gespräch. Denn nur wenn Sie sich selbst gut kennen und klar präsentieren, können Sie auch andere von sich überzeugen.
01
2. Identifizierung Ihrer Kernkompetenzen („Was kann ich?“)
Neben Ihrer Persönlichkeit sollten Sie Ihre fachlichen und überfachlichen Kompetenzen präzise benennen können. Hierfür hilft beispielsweise das SKATE-Modell* (entwickelt von Claas Triebel): Kompetenz ist demnach das Produkt aus Skills (Fertigkeiten), Knowledge (Wissen), Ambition (Motivation), Talent und Experience (Erfahrung).
Überlegen Sie zu jeder Komponente: Welche Fähigkeiten (Skills) – im Sinne von praktischen Fertigkeiten oder Techniken – beherrschen Sie (z. B. Bedienen einer Projektmanagement-Software wie MS Project)? Über welches Wissen (Knowledge) verfügen Sie aus Studium oder Beruf? Wo liegen Ihre Ambitionen (Wille und Einsatzbereitschaft)? Was sind Ihre besonderen Talente (z. B. Kreativität, Organisation)? Und welche Erfahrungen haben Sie bereits gesammelt?
Hierbei ist es auch hilfreich, die Kompetenzen in Kategorien einzuteilen – fachlich, methodisch, personal und sozial:
- Fachlich: Qualifikationen, die durch Ausbildungen, in der Arbeitstätigkeit, aufgrund privater Interessen oder auch in der Familie erworben wurden (z. B. Abschlüsse, spezielle Kenntnisse); Leitfrage: WAS sind meine fachlich gelernten Voraussetzungen, um Aufgaben zu bewältigen?
 - Methodisch: Die Art und Weise, wie Sie Aufgabenstellungen angehen (z. B. Planungskompetenz, Organisation von Prozessen, systematisches Arbeiten); Leitfrage: WIE gehe ich an Aufgaben und Herausforderungen heran?
 - Personal: Grundlegende Fähigkeiten, die es Ihnen ermöglichen, Ihr eigenes Leben zu gestalten (z. B. Anpassungsfähigkeit, Belastbarkeit, Zielstrebigkeit/Disziplin, eigenverantwortliches Handeln); Leitfrage: WIE gehe ich mit mir selbst um? WELCHE Eigenschaften habe ich?
 - Sozial: Ihre Fähigkeiten im Umgang mit anderen Menschen (z. B. Verantwortungsbewusstsein, Kooperationsfähigkeit, Empathie); Leitfrage: WIE gehe ich mit anderen Menschen um?
 
Diese Einteilung ist nicht völlig überschneidungsfrei. Zum Beispiel ist Führungskompetenz eine Kombination aus allen oben genannten Kategorien.
Ein wirksames Tool, um beispielsweise Führungskompetenz vor dem Hintergrund sozialer Kompetenzen zu ermitteln, ist übrigens DNLA* (Discovering Natural Latent Abilities), ein Online-Test, den ich auch gerne – insbesondere in Kombination mit dem LPP – als Einstieg in meinen Karrierecoachings einsetze.
Ein praktisches Verfahren, um Ihre Kompetenzen zu identifizieren und lebendig zu machen, ist die PAR-Technik* (Problem – Aktion – Resultat). Suchen Sie sich ein Beispiel aus Ihrer Vergangenheit (je aktueller, desto besser): Erinnern Sie sich an eine Herausforderung (Problem), beschreiben Sie Ihre konkrete Handlung (Aktion) und zeigen Sie das Ergebnis (Resultat). Zum Beispiel: „Als unser Projekt aus den Fugen zu brechen drohte, habe ich … Dank meiner strukturierten Planung – und dem systematischen Einsatz von X-Tool – haben wir das Ziel schließlich rechtzeitig und unter Budget erreicht.“ Daraus leiten Sie dann die Kompetenzen ab, die Ihnen geholfen haben, die Herausforderung zu meistern.
Durch solche Erfolgsgeschichten wissen Sie selber genau, was Sie können, und beeindrucken im Interview mit konkreten Nachweisen zu den von Ihnen genannten Kompetenzen. Wir kommen darauf später noch einmal zurück, wenn es um die Interviewfrage geht, was Ihre Stärken sind, bzw. was Sie von anderen Wettbewerbern abhebt. Zudem hat diese Übung den positiven Nebeneffekt, dass es Ihr Selbstvertrauen stärkt, wenn Sie Situationen wieder an die Oberfläche bringen, auf die Sie seinerzeit stolz waren, die aber im Laufe der Zeit in Vergessenheit geraten sind.
In einem vorausgegangenen Blogartikel empfehle ich zudem, PAR-Beispiele gezielt zu üben: Punkten in Interviews mit PARs.
Mit solchen aufbereiteten Erfolgsgeschichten haben Sie jederzeit die passenden „Erfolgspfeile“ parat, die zeigen: Sie sind genau die richtige Person für den Job.
Folgende weitere Fragen können helfen, verborgene Stärken zu entdecken:
- Bei welchen Aufgaben erziele ich regelmäßig gute Ergebnisse?
 - Worauf sprechen mich Kollegen/Vorgesetzte besonders an oder loben mich?
 - Welche Aufgaben fallen mir leicht und machen mir Spaß?
 
Notieren Sie Stichpunkte und Erfahrungen. Auf diese Weise bauen Sie einen „Stärkefundus“ auf, auf den Sie im Gespräch jederzeit zurückgreifen können.
02
3. Gewinnen von Klarheit zur Leistungsmotivation („Was will ich (nicht)?“)
Fragen Sie sich auch: Was treibt Sie wirklich an? Was wünschen Sie sich und was möchten Sie vermeiden? Hier geht es um Ihre Werte und Motivatoren. Werte bestimmen, wo wir unsere Energie und Zeit investieren. Machen Sie eine Liste: Was ist Ihnen im Job wichtig – zum Beispiel Verantwortung, Kreativität, Teamarbeit oder Flexibilität? Ein strukturierter Werte-Check* kann helfen. Weiterhin können Sie ein persönliches Bedürfnisprofil* erstellen: Was benötigen Sie, um motiviert und zufrieden zu arbeiten? Denken Sie an Arbeitsumfeld, Feedback-Bedarf, Anerkennung oder Freiheit bei Entscheidungen.
Stellen Sie sich dazu selbstkritische Fragen:
- Welche Art von Arbeit erfüllt Sie und gibt Ihnen ein gutes Gefühl? Ist es Kreativität, Teamarbeit, eigenverantwortliches Arbeiten oder vielleicht ein sinnstiftender Beitrag?
 - Wann war ich im Job besonders zufrieden – und warum?
 - Was möchte ich lieber nicht tun oder erleben (z.B. unregelmäßige Arbeitszeiten oder monotone Routinen)?
 
Wenn Sie Ihre wichtigsten Werte und Motivatoren kennen, können Sie im Gespräch gezielt kommunizieren, was Sie benötigen – zum Beispiel, indem Sie Fragen zur Unternehmenskultur oder zum Führungsstil stellen. So verdeutlichen Sie Ihre Authentizität: Sie zeigen, dass Ihnen nicht nur das Gehalt wichtig ist, sondern dass Sie in Ihrer Arbeit einen echten Sinn suchen. Diese Offenheit schafft Vertrauen auf beiden Seiten, denn je besser Beruf und Unternehmen zu Ihren Werten passen, desto wahrscheinlicher sind langfristiger Erfolg und Zufriedenheit in Ihrem Job.
03
4. Den Markt recherchieren und eigenen Marktwert ermitteln („Was wird gebraucht?“)
Ein weiterer wichtiger Punkt ist die Marktrecherche: Ermitteln Sie, welche Fähigkeiten und Gehaltsvorstellungen aktuell gefragt sind. Informieren Sie sich über Stellenausschreibungen und tauschen Sie sich mit Ihrem Netzwerk aus, welches Profil Arbeitgeber derzeit suchen. Nutzen Sie Online-Tools wie Gehaltsrechner oder Vergleichsportale, um Ihren Marktwert zu prüfen. Untersuchungen zeigen: Wer seinen Marktwert kennt, geht selbstbewusster in Gehaltsverhandlungen und hat bessere Erfolgsaussichten.
Folgende Schritte helfen dabei:
- Branchen- und Jobportale: Suchen Sie gezielt nach ähnlichen Stellen und notieren Sie geforderte Kompetenzen und Gehälter.
 - Gehaltsstudien und -rechner: Nutzen Sie renommierte Gehaltsübersichten (z. B. den Entgeltatlas, ein Online-Tool der Arbeitsagentur), und sammeln Sie Zahlen, um eine realistische Erwartung zu haben.
 - Berufliches Netzwerk: Fragen Sie vertrauenswürdige Kontakte oder Personalvermittler nach Markterfahrungen in Ihrer Branche.
 - Unternehmensvergleich: Schauen Sie sich die Größe und den Erfolg des Zielunternehmens an und entwickeln Sie ein Gefühl dafür, welches Gehaltsniveau dort üblich ist.
 
Es kann außerdem wichtig sein, die Zukunftsfähigkeit Ihrer Wunschposition zu bewerten – zum Beispiel im Hinblick auf Digitalisierungstrends und Automatisierung. Hierzu eignet sich bspw. der Job-Futuromat, ein Online-Tool des IAB. Dort können Sie schnell prüfen, wie die Beschäftigungschancen in Ihrem Berufsfeld eingeschätzt werden. Diese Einsicht hilft Ihnen, die langfristige Entwicklung Ihrer Traumstelle besser einzuschätzen und Ihr eigenes Angebot danach auszurichten.
Notieren Sie die wichtigsten Erkenntnisse: Welche Fähigkeiten sind sehr gefragt? Wo liegt eine marktgerechte Bezahlung für Ihre Position? Dieses Wissen gibt Ihnen Verhandlungssicherheit. Denn wenn Sie zum Ende des Interviews gefragt werden, welche Gehaltsvorstellung Sie haben, können Sie mit Fakten argumentieren. Gleichzeitig lernen Sie so auch besser zu verstehen, was der Markt braucht – und können Ihr eigenes Angebot darauf zuschneiden. Wichtig ist: Bleiben Sie realistisch und transparent. Auf die Beantwortung der Gehaltsfrage wird später noch im Detail im Blogartikel „Durchführung von Jobinterviews“ eingegangen.
04
5. Formulieren Ihrer Kernbotschaft („Welches Bild möchte ich von mir vermitteln?“)
Überlegen Sie sich genau, welches Bild Sie von sich zeichnen wollen. Ihre „Kernbotschaft“ ist dabei wie ein roter Faden, der sich durch das Gespräch zieht. Bedenken Sie zunächst Ihr persönliches Alleinstellungsmerkmal (Ihr USP – Unique Selling Proposition). Was macht Sie einzigartig? Vielleicht sind es Ihre besonderen Projekterfahrungen, Ihre spezielle Qualifikation oder ein Talent, das Sie wahrscheinlich von anderen Bewerbern abhebt. Dieses Alleinstellungsmerkmal wird zum Herzstück Ihrer Botschaft.
Wenn Sie Ihr Alleinstellungsmerkmal klar formuliert haben, können Sie Ihren Elevator Pitch* gezielt darauf aufbauen. Der Elevator Pitch ist eine knackige Vorstellung, in der Sie innerhalb von etwa 90 Sekunden zusammenfassen, wer Sie sind, was Sie auszeichnet und was Sie sich wünschen. Denken Sie an ein Beispiel zu Ihren wichtigsten Stärken und wie diese mit dem Job zusammenpassen.
Statt Ihren Lebenslauf monoton vorzutragen, erzählen Sie eine kurze Geschichte. Starten Sie mit einer aufmerksamkeitsstarken Aussage oder einem positiven Erlebnis – das bleibt im Gedächtnis. Im Anschluss knüpfen Sie an: Erklären Sie sachlich und mit Begeisterung, welche Kompetenzen Sie mitbringen und warum gerade diese Tätigkeit zu Ihnen passt. Zum Beispiel: „Ich bin Softwareentwicklerin mit Schwerpunkt XY und liebe es, Prozesse zu optimieren. In meinem letzten Projekt habe ich … (Beispiel) … Das zeigt, dass ich Herausforderungen aktiv angehe und Lösungen finde.“ Schließen Sie mit einer Verbindung zum Unternehmen: „Genau diese Erfahrung und Einstellung möchte ich in Ihr Team einbringen und freue mich daher über die Einladung zu diesem Gespräch.“
Ein starker Elevator Pitch beantwortet im Grunde die Kernfrage: Warum sollten Sie mich einstellen? Formulieren Sie ihn im Vorfeld schriftlich – allerdings nur in Stichworten (damit er nicht auswendig gelernt klingt) – und üben Sie ihn laut, sodass er authentisch rüberkommt. Verwenden Sie dabei Ihre eigene Sprache – sie soll Sie widerspiegeln. Achten Sie darauf, dass Ihre Botschaft klar, positiv und glaubwürdig ist. Beispiel: „Ich bringe drei Jahre Erfahrung im Marketing mit, bin ergebnisorientiert und liebe es, kreative Kampagnen zu entwickeln. Mit diesem Hintergrund möchte ich in Ihrem Unternehmen die Sichtbarkeit der Marke noch stärker ausbauen.“ Üben Sie diesen Pitch, bis er flüssig sitzt, und variieren Sie ihn (auch in der Länge) je nach Gesprächsverlauf. So erzeugen Sie einen einprägsamen Eindruck, der im Gedächtnis Ihrer Gesprächspartner bleibt.
Auf den Elevator Pitch werden wir später noch näher eingehen – und zwar gleich zu Beginn des Blogbeitrages „Durchführung von Jobinterviews“.
05
6. Informationen zum Unternehmen und zu Schlüsselpersonen recherchieren
Zu einer gründlichen Vorbereitung gehört auch, dass Sie sich intensiv über den Arbeitgeber informieren. Erstellen Sie eine Liste mit relevanten Fakten: Dazu gehören etwa
- Geschäftsfeld und Produkte: Was sind die Hauptleistungen des Unternehmens? Welcher Branche gehört es an?
 - Unternehmensgröße und Marktstellung: Ist es ein internationaler Konzern, ein Mittelständler oder Start-up? Welche Marktanteile hat es?
 - Kultur und Werte: Welche Werte kommuniziert das Unternehmen nach außen (z. B. auf der Website oder in sozialen Medien)? Wie ist der Ruf unter Mitarbeitenden (hier können auch Bewertungsportale wie „Glassdoor“ hilfreich sein)?
 - Aktuelle Entwicklungen und News: Gab es kürzlich Pressemitteilungen, neue Produkteinführungen, Fusionen oder hervorstechende Erfolge?
 
Diese Informationen helfen Ihnen, im Gespräch konkret nachzufragen und Bezug zu nehmen. Wenn Sie zum Beispiel in Erfahrung bringen, dass das Unternehmen gerade expandiert oder ein neues Projekt startet, können Sie darauf Bezug nehmen: „Mir ist aufgefallen, dass Sie aktuell stark in Südostasien expandieren. Gibt es dadurch neue Herausforderungen, bei denen Ihr Team eingebunden wird?“ Solche Hinweise zeigen echtes Interesse und gute Vorbereitung.
Ein Tipp: Lesen Sie neben der Firmenwebsite auch die „Über uns“-Sektion, Social-Media-Kanäle und Unternehmensnews. Notieren Sie sich Stichworte, die Sie ansprechen. So haben Sie im Interview jederzeit Fakten parat, die Ihre Argumente stützen – zum Beispiel, dass Ihnen das Leitbild gefällt oder Sie die Produktpalette spannend finden. Coaching-Frage: Was motiviert mich besonders an diesem Unternehmen? Stellen Sie sicher, dass Sie dies unaufgefordert und situativ einfließen lassen. So wird klar, dass Sie nicht nur einen Job suchen, sondern aus Überzeugung bei diesem Arbeitgeber arbeiten möchten.
Und noch ein Tipp: Recherchieren Sie im Vorfeld auch zu News und Profile Ihrer Interviewpartner (bspw. über LinkedIn), so dass Sie sich optimal auf sie „einschwingen“ und ggf. Anknüpfungspunkte (wie bspw. Besuch derselben Uni) ausfindig machen können.
06
7. Eigene Fragen vorab sammeln
Bereiten Sie zum Schluss eigene Fragen vor, die Sie am Ende des Gesprächs stellen können. Gute Rückfragen sind entscheidend, um Interesse zu zeigen und mehr über die Position zu erfahren. Folgende Fragenkategorien können Sie sich überlegen:
Tätigkeiten und Erwartungen: „Wie würde ein typischer Arbeitstag in dieser Rolle aussehen?“ oder „Was sind die kurz- und mittelfristigen Ziele für diese Position?“
Team und Kultur: „Können Sie mir etwas über das Team erzählen, in das ich kommen würde?“ oder „Wie würden Sie den Führungsstil der Abteilung beschreiben?“
Weiterentwicklung: „Welche Weiterbildungsmöglichkeiten bietet Ihr Unternehmen?“ oder „Wie messen Sie den Erfolg dieser Position?“
Unternehmensziele: „Wo sehen Sie das Unternehmen in den nächsten Jahren – und wie kann ich dazu beitragen?“
Sie können auch originellere Fragen stellen, die Ihre Neugier und Motivation unterstreichen, etwa: „Was macht Sie persönlich stolz daran, bei [Unternehmensname] zu arbeiten?“ oder „Welche Herausforderung würden Sie jemandem in dieser Position als erstes anvertrauen?“
Wichtig ist: Die Fragen sollten auf Ihrer Recherche und Ihrem persönlichen Interesse basieren. Vermeiden Sie Fragen, deren Antworten Sie leicht selbst recherchieren könnten (z. B. Dienstwagennutzung oder Urlaubsregelung) – konzentrieren Sie sich auf Inhalte, die dem Arbeitgeber am Herzen liegen.
Eine gute Praxis ist, sich im Vorfeld ein Portfolio von Fragen zurechtzulegen und sie in Kategorien zu ordnen (z. B. „Arbeitsalltag“, „Unternehmenskultur“, „Weiterentwicklung“). Einige davon werden sicherlich bereits im Rahmen der Firmenvorstellung von Ihren Gesprächspartnern geklärt, so dass Sie diese gedanklich bereits von Ihrer Liste streichen können. Die übrig gebliebenen Fragen können Sie dann am Ende des Interviews stellen, wenn Sie gefragt werden, ob Sie noch eigene Fragen haben. Oder wenn sich im Gespräch passende Gelegenheiten ergeben, spontan die richtige Frage ziehen.
Im Übrigen ist es auch durchaus legitim, die eigenen Fragen vorab niederzuschreiben und sie mit ins Interview zu nehmen – zusammen mit Ihrem Lebenslauf.
07
8. Mentale Vorbereitung
Gehen Sie mit der richtigen mentalen Einstellung ins Gespräch: Sehen Sie sich auf Augenhöhe mit den Gesprächspartnern. Sie wurden eingeladen, weil der Arbeitgeber Ihre Qualifikation und Ihr Potenzial schätzt – das ist eine starke Ausgangsposition.
Vergegenwärtigen Sie sich vorab Ihre größten Erfolge oder Stärken. NLP-Techniken wie Moment of Excellence nutzen genau diesen Ansatz: Sie erinnern sich an eine Situation, in der Sie sich besonders kraftvoll fühlten, und verankern dieses Gefühl (z. B. durch eine Geste). So können Sie diese positive Energie bei Bedarf abrufen.
Ein anderes sehr effektives Tool ist das sog. Ressourcenfernrohr, welches ebenfalls aus dem NLP-Werkzeugkasten stammt. Ähnlich wie im Moment of Excellence fußt es auf der Manifestierung von Auslösereizen, die eine automatische Reaktion im Unterbewusstsein hervorrufen (auch „Priming“ genannt). Es geht darum, dass Sie vor Ihnen liegende Situationen so genau wie möglich im Vorfeld durchspielen und Handlungsabfolgen dadurch „verinnerlichen“. Übertragen auf ein Jobinterview können Sie mithilfe dieser Technik bspw. einstudieren, wie Sie souverän auf bestimmte knifflige Fragen reagieren.
Auch körperliche Vorbereitung hilft: Nehmen Sie sich ein paar Minuten für sich vor dem Gespräch. Power Posing ist eine Methode, bei der Sie eine machtvolle Körperhaltung einnehmen – bspw. Brust raus, Hände in die Hüften – so wie ein(e) Superheld(in). Studien zeigen, dass solche Posen das Gefühl von Stärke und Selbstvertrauen steigern können. Atmen Sie tief durch, lächeln Sie und stellen Sie sich innerlich auf das Gespräch ein. Erlauben Sie sich auch, leichte Nervosität als normale Anspannung zu akzeptieren – sie kann Ihre Energie sogar steigern.
Alle oben skizzierten drei Methoden habe ich in meinem Blog zum Thema Selbstcoaching ausführlicher vorgestellt:
Denken Sie daran: Die Körperhaltung und Ihre Ausstrahlung haben großen Einfluss auf den ersten Eindruck. Ein bewusster Blickkontakt, ein fester Händedruck und ein offenes Lächeln signalisieren Sympathie und Selbstbewusstsein. Formulieren Sie sich im Kopf ein paar Signale, die Sie setzen wollen – z. B. freundliche Stimme, ruhige Körperhaltung, nickendes Zuhören. Wenn Sie spüren, dass Sie angespannt sind, lenken Sie Ihre Gedanken auf Ihre Vorbereitungen und Ihre positiven Fragen.
08
9. Erstellen von Fragenkategorien, die die Interviewer nutzen könnten
Überlegen Sie sich, welche Fragentypen Ihnen im Gespräch begegnen könnten, und passen Sie Ihre Antworten entsprechend an. Typische Kategorien sind:
- Direkte offene Fragen: Diese beginnen oft mit „Wie“ oder „Was“ und laden zum Erzählen ein. Beispiel: „Wie haben Sie Ihre Karriere bisher geplant?“ Hier dürfen Sie ausführlich antworten und Ihre Geschichte einfließen lassen.
 - Geschlossene Fragen: Diese sind Ja/Nein-Fragen oder erfordern kurze Angaben. Beispiel: „Haben Sie Erfahrung mit Projektleitung?“ Solche Fragen verlangen prägnante, konkrete Antworten.
 - Situative Fragen: Sie schildern eine Situation und fragen, wie Sie reagieren würden. Beispiel: „Stellen Sie sich vor, Sie erhalten einen wichtigen Auftrag mit sehr knapper Deadline – wie gehen Sie vor?“ Hier wird Ihr Problemlöseprozess abgefragt.
 - Verhaltensorientierte Fragen (Behavioral): Diese beginnen z. B. mit „Erzählen Sie von Ihrer Zeit, als…“. Beispiel: „Beschreiben Sie eine Situation, in der Sie unter Druck gute Ergebnisse erzielen mussten.“ Hier hilft die PAR-Technik: Nennen Sie das Problem, Ihre Aktion und das Ergebnis (siehe oben).
 - Projektive Fragen: Diese zielen darauf ab, Ihre inneren Gedanken und Gefühle zu ergründen, oft mithilfe von Bild- oder Szenarienvorstellungen. Beispiel: „Stellen Sie sich vor, Ihr letztes Projekt wäre ein Tier – welches Tier wäre es und warum?“ Sie zeigen damit, wie Sie abstrakt denken und sich selbst wahrnehmen.
 - Hypothetische Fragen: Hier wird Ihnen eine theoretische Situation geschildert, und Sie sollen erklären, wie Sie reagieren würden. Beispiel: „Angenommen, Ihr Budget wird von jetzt auf gleich um 50 % gekürzt – was würden Sie tun?“ Solche Fragen decken Ihre Problemlösungsstrategie und Kreativität in ungewöhnlichen Situationen auf.
 - Alternativfragen: Sie bieten zwei (oder mehr) Antwortoptionen vor, zwischen denen Sie wählen. Beispiel: „Würden Sie lieber in einem großen Team oder in einem kleineren Projekt arbeiten?“ Diese Fragen machen Ihre Präferenzen deutlich.
 - Skalenfragen: Sie sollen Ihre Fähigkeiten oder Meinungen auf einer Skala (z. B. von 1 bis 10) bewerten. Beispiel: „Auf einer Skala von 1 bis 10: Wie gut beherrschen Sie Excel und warum haben Sie diese Zahl gewählt?“ Damit erlangt der Interviewer Einblick, wie Sie Ihre Kenntnisse einschätzen und begründen.
 - Zahlenfragen: Diese Fragen verlangen konkrete Zahlenangaben. Beispiel: „Wie viele Kunden haben Sie in Ihrem letzten Job betreut?“ Sie prüfen, ob Ihre bisherigen Erfahrungen zu den Anforderungen passen.
 - Kettenfragen: Hierbei handelt es sich um mehrstufige Fragen, bei denen sich auf eine Antwort direkt weitere Fragen anschließen. Beispiel: „Angenommen, Sie würden eine neue Abteilung leiten – welche drei Maßnahmen wären Ihre ersten Schritte und warum?“ Solche Kettenfragen zeigen, wie Sie komplexe Situationen strukturieren und priorisieren.
 
Fazit: Indem Sie sich diese Fragetypen bewusst machen, können Sie Ihre Antworten strukturierter vorbereiten. Beispiel: Auf „Erzählen Sie mal etwas über sich“ (eine häufige Einstiegsfrage) reagieren Sie am besten mit Ihrem Elevator Pitch (situationsbedingt ggf. auch mit einer längeren Variante). Bei situativen Fragen schildern Sie Schritt für Schritt, wie Sie an eine Herausforderung herangehen würden. So bleiben Sie fokussiert und souverän. Listen Sie sich zur Vorbereitung stichwortartig mögliche Themen und Antworten pro Kategorie auf. So können Sie während des Gesprächs schnell einschätzen, welche Art von Frage gestellt wird, und angemessen antworten.
09
10. Aktiv Sympathie erzeugen
Im Bewerbungsgespräch geht es in erster Linie darum, Sie als Mensch kennenzulernen. Daher ist es entscheidend, einen positiven Eindruck und Sympathie zu erzeugen. Untersuchungen zeigen, dass Interviewer bereits in den ersten Gesprächsminuten – wenn nicht gar Sekunden – einen Eindruck von Ihnen gewinnen, der für den weiteren Gesprächsverlauf und die Entscheidungsfindung entscheidend ist. Wenn Ihr Gegenüber das Gefühl hat, Sie könnten einen Beitrag zum Erfolg des Teams leisten oder die Unternehmenskultur bereichern, wirkt sich das positiv auf Ihre Chancen aus.
Seien Sie freundlich, aufmerksam und authentisch: Ein echtes Lächeln und aufmerksames Zuhören signalisieren, dass Sie interessiert sind und Respekt zeigen. Aber seien Sie nicht unterwürfig! Verbale Kommunikation (Tonfall, Wortwahl) und nonverbale Kommunikation (Körpersprache, Gesichtsausdruck) sollten übereinstimmen. „Technisch“ gesehen entsteht Sympathie oft, wenn man Gemeinsamkeiten entdeckt – etwa gleiche Hobbys, eine ähnliche Ausbildung oder Erfahrungen. Scheuen Sie sich nicht, im Smalltalk beiläufig solche Gemeinsamkeiten zu erwähnen, wenn sie natürlich entstehen. Dies schafft eine persönliche Verbindung.
Wichtig ist auch Ruhe und Souveränität: Lassen Sie den Interviewer ausreden, nicken Sie zustimmend (natürlich nicht ständig und übertrieben 😉) und zeigen Sie eine offene Körperhaltung (keine verschränkten Arme!). Freundlichkeit, Höflichkeit und Geduld stärken Ihre Sympathiewerte. Wenn Sie angespannte Situationen beruhigt behandeln können (etwa mit ruhiger Stimme sprechen), vermittelt das Kompetenz und Gelassenheit. Kurz gesagt: Führen Sie das Gespräch als einen Dialog auf Augenhöhe. Zeigen Sie Interesse an Ihrem Gegenüber und an den Fragen, die Ihnen gestellt werden. Durch diese aktive, selbstbewusste Art können Sie gezielt eine Atmosphäre schaffen, in der Sie als sympathischer und kompetenter Gesprächspartner wahrgenommen werden – ein wesentlicher Schlüssel zum Erfolg.
Auch Smalltalk am Anfang eines Interviews ist keineswegs belanglos, sondern kann der Schlüssel für einen guten Start sein. Schon eine nette Begrüßung, sich beim Gesprächspartner für die Einladung zum Interview zu bedanken oder ein Kommentar zum Wetter signalisiert Höflichkeit – und bleibt dennoch subtil im Gedächtnis. Nutzen Sie den Smalltalk, um eine angenehme Gesprächsatmosphäre aufzubauen. Das kann z. B. ein ehrliches Kompliment zum Büro oder eine Bemerkung zur Anreise sein. Achten Sie dabei auf einen natürlichen Ton: Halten Sie Blickkontakt, lächeln Sie und antworten Sie freundlich.
Gleichzeitig sollten Sie den Smalltalk mit Bedacht führen. Vermeiden Sie kontroverse Themen und schwärmen Sie lieber von etwas Positivem (z. B. Ihre Begeisterung für ein kürzlich veröffentlichtes Produkt des Unternehmens). Zeigen Sie, dass Sie vorbereitet sind: Wenn Sie die Firmenlage kennen, können Sie vielleicht sagen: „Herzlichen Glückwunsch zur erfolgreichen Produkteinführung letzte Woche!“ Das zeigt echtes Interesse.
Denken Sie daran: Kleine Gesprächssituationen dienen dazu, Vertrauen aufzubauen. Stellen Sie eine Verbindung her, indem Sie gemeinsame Interessen entdecken oder durch Ihre humorvolle und zugewandte Art punkten. Ist Ihnen Smalltalk nicht leicht, helfen Vorbereitungen: Überlegen Sie sich ein bis zwei harmlose Themen im Voraus, die Sie sympathisch einbringen können (z. B. etwas über Ihre Fachrichtung oder eine positive Anekdote zur Anfahrt). Selbst wenn Smalltalk Ihnen manchmal unangenehm erscheint, kann er Ihren Gesprächspartnern unbewusst Sicherheit geben. Studien belegen sogar, dass ein positiver erster Smalltalk dazu führt, dass Bewerber in der Gesamtbeurteilung besser abschneiden.
10
Fazit
Gehen Sie alle Stationen der Vorbereitung gedanklich durch – von der Selbsterkenntnis über Ihre Kernkompetenzen bis hin zur Recherche und mentalen Einstimmung. Jede dieser Etappen stärkt Ihr Selbstvertrauen und Ihre Professionalität. Wenn Sie diese Punkte beherrschen, können Sie im Vorstellungsgespräch souverän agieren: authentisch antworten, gezielte Fragen stellen und aktiv Sympathie aufbauen. Dann meistern Sie nicht nur das Gespräch, sondern schaffen die Basis für eine erfolgreiche Karriere.
Im Blogartikel „Durchführung von Jobinterviews“, der in Kürze ebenfalls veröffentlicht wird, lernen Sie, wie Sie typische Interviewfragen souverän beantworten und mit weiterführenden Tipps überzeugen.
